Was ist Neurodermitis?
Neurodermitis ist eine nicht ansteckende, entzündliche Erkrankung der Haut. Andere Bezeichnungen dafür sind allergisches Ekzem, atopisches Ekzem, atopische Dermatitis, endogenes Ekzem oder Neurodermitis constitutionalis. Sie ist durch Ekzeme, Juckreiz und trockene Haut gekennzeichnet.
Manchmal kann die Haut auch verstärkt Schuppen bilden. Neurodermitis tritt in Schüben auf, zwischen denen relativ beschwerdefreie Intervalle liegen.
Dieses wechselnde Bild der Erkrankung kann von verschiedenen Auslösefaktoren beeinflusst werden. Auch im beschwerdefreien Zustand kann der Arzt einen Neurodermitiker an bestimmten Kennzeichen, den Stigmata, erkennen.
Am häufigsten tritt Neurodermitis bei Säuglingen und Kleinkindern auf. Bei vielen Kindern bessern sich die Symptome mit dem Schulalter, können manchmal aber später wiederkehren. Aufgrund des individuell sehr unterschiedlichen Krankheitsverlaufes ist eine Vorhersage, wie die Krankheit beim Einzelnen verlaufen wird, nicht möglich.

Atopische Veranlagung
Unter dem Begriff Atopie wird die vererbte Überempfindlichkeit von Haut- und Schleimhäuten gegen Umweltstoffe verstanden, die mit einer vermehrten Bildung so genannter IgE-Antikörper einhergehen kann. Neurodermitis, Heuschnupfen und allergisches Asthma gehören zu den atopischen Erkrankungen.
Im Laufe eines Lebens können sich die Symptome der atopischen Erkrankungen von einem Organ zum anderen verschieben, zum Beispiel von der Haut zu den Atemwegen (so genannter Etagenwechsel).
Die Veranlagung, eine atopischen Erkrankung zu entwickeln, ist angeboren und kann daher nicht beeinflusst werden. Die atopischen Erkrankungen zeigen sich nicht bei jedem, der die Veranlagung geerbt hat. So beträgt das Risiko, an Neurodermitis zu erkranken sechzig bis achtzig Prozent, wenn beide Eltern Neurodermitis haben. Etwa die Hälfte der Kinder, die früher Neurodermitis hatten, leiden im Verlauf an einer allergischen Atemwegserkrankung (Heuschnupfen oder Asthma).

Schulmedizinische Behandlung
Die Schulmedizin favorisiert im allgemeinen Verfahren, deren Wirksamkeit zuvor in aufwendigen (zum Beispiel Doppelblindstudien) klinischen Verfahren geprüft wurden (evidence based medicine). Hier haben der Patient und der Behandler den Vorteil, dass man sich auf aufwendig ermittelte Testergebnisse berufen kann.
Da Neurodermitis in der Regel zuerst bei Säuglingen und Kleinkindern auftritt, sind Pädiater (Kinderärzte) und Dermatologen (Hautärzte) für die Krankheitsbegleitung besonders aus- und weitergebildet. Im Idealfall kommunizieren Haut- und Kinderarzt und andere Fachkräfte miteinander.
Die Eltern sollten in jedem Falle eine schulmedizinische Begleitung der Krankheit einplanen. Dabei ist immer zu beachten, dass ein Facharzt die Diagnose Neurodermitis gestellt hat und besonders bei deutlicher Verschlechterung des Hautbildes oder auftretenden Komplikationen zu Rate gezogen werden sollte. Hier etwas zu verschleppen oder in Eigenmedikation zu verfallen hat meist schwerwiegende Folgen für das Kind.
Das schulmedizinische dermatologische Krankheitsmanagement besteht zum einen in der Auswahl einer geeigneten Basistherapie. Hierzu zählt die Vermeidung hautirritierender Faktoren und eine konsequente Hautpflege mit Basisprodukten.
Besteht Verdacht auf das Vorliegen einer hautverschlechternden Allergie verfügt der behandelnde Allergologe über verschiedenste Testmethoden, um die Auslöser der Hautverschlechterung zu erkennen. Je nach Schweregrad der Erkrankung kann zusätzlich eine Therapie des Juckreizes, eine antibakterielle oder antientzündliche Therapie erforderlich sein. In sehr schweren Fällen ist eine systemische Therapie, das heißt in Form von Tabletten, erforderlich.
Die verschiedenen Optionen werden im Folgenden vorgestellt.

Hautpflege
Da allen Neurodermitikern eine sehr trockene und bei Schüben nässende Haut zu eigen ist, diese noch durch die ständigen Hautreizungen und Juckreizattacken rissig ist und keine ausreichende Barrierefunktion mehr hat, spielt die basistherapeutische Hautpflege die entscheidende Rolle. Die Haut des Kindes muss somit intensiv und regelmäßig gepflegt werden, damit die Trockenheit gebessert wird.
Häufig bessert sich hierdurch auch der Juckreiz deutlich und Ekzemschübe können zum Teil verhindert werden.
Basisprodukte zur Hautpflege müssen in ihrer Zusammensetzung individuell von dem behandelnden Arzt je nach Stadium des Ekzems, Alter des Kindes, betroffenen Arealen und Jahreszeit angepasst werden. Es gibt keine Pflegecreme die sich für alle Kinder und Krankheitsstadien eignet. Allgemein sollten Pflegecremes frei von Duft- und Konservierungsstoffen sein. Vorteilhaft kann der Zusatz von feuchtigkeitsspendenden Substanzen wie Harnstoff (Urea) und Glycerin sein, wobei Harnstoff im Säuglings- und Kleinkindalter sowie im Gesicht keine Anwendung finden sollte. Sie müssen die Haut Ihres Kindes mindestens morgens und abends ausgiebig pflegen.
Eine Fülle von individuellen Ritualen wird bei Kindern angewendet, um diesen wichtigen Vorgang nicht als lästig zu empfinden.
Genaue Unterrichtung in Hautpflege bekommt man vom dermatologischen Praxisteam oder bei der Neurodermitis-Schulung, die bundesweit zunehmende Beliebtheit erfährt (Siehe auch Prävention).

Die folgenden Nahrungsmittel sind dafür bekannt, daß sie besonders häufig allergische oder irritierende Hautreaktionen hervorrufen: 

1.) Säuren: Ascorbinsäure, vor allem in Zitrusfrüchten und -Säften, Oxalsäure z. B. in Tomaten (Ketchup!), Rhabarber, Spinat und Sauerampfer, außerdem Lebensmittelzusätze wie Ameisensäure, Sorbinsäure und Propionsäure. 

2.) Süßigkeiten: z. B. Schokolade, Kakao und Schokogetränke. Fruchteis, Limonade und Bonbons (durch die enthaltenen Säuren). Marzipan, Nougat und "Nuß-Schokolade-Brotaufstrich" (durch Nuß-, Erdnuß- oder Mandelgehalt). 

3.) Öle und Fette: z. B. nuß- und erdnußhaltige Speiseöle, Erdnußbutter. Schweineschmalz, Speck, fette Wurstsorten, fettige Chips und Pommes frites. 

4.) Scharfe Gewürze: z. B. Pfeffer, Paprika, Chili, Curry, Senf, Essig. 

 

Nicht jede Verschlechterung des Hautzustandes, die nach Genuß bestimmter Lebensmittel auftritt, ist auf eine Nahrungsmittel-Allergie zurückzuführen. Denn auch die unzähligen Zusatzstoffe, die unsere Nahrungsmittel heute leider "verschlimmbessern" und länger haltbar machen, können Hautreaktionen hervorrufen. Konservierungsmittel, Antioxidationsmittel, Farbstoffe, künstliche Süßstoffe, Mehlbehandlungsmittel, Trennmittel, Phosphate, Aromastoffe, Zuckeraustauschstoffe, Geschmackskorrigentien, Backtriebmittel, Emulgatoren und Schmelzsalze sind nur einige der bekanntesten Zusätze, die Liste ist keineswegs vollständig. Für Testungen hierfür fragen Sie Herrn Dr. Steinmann, da diese in Vorbereitung sind. 

Die folgende Auflistung gibt weitere Hinweise, wo eventuell die wahren Schuldigen für einen erneuten Ekzem-Schub gefunden werden können: 

Nahrungsmittel enthalten Mediatoren wie Histamin (Wein, Erdbeeren, etc.) oder Serotonin (Bananen, etc.). Nahrungsmittel enthalten Zusätze oder Rückstände (Pestizide, Azofarbstoffe, Säure wie Sorbinsäure, etc.). Nahrungsmittel verursachen Dysbakterien wie Sauermilchprodukte oder Käsesorten mit unphysiologischen Keimen. Man achte daher stets darauf, daß man z. B. nur die Joghurtsorten zu sich nimmt, auf denen verzeichnet steht, daß sie im Becher gereift sind und die Keime Acidophilus und Bifidus enthalten, da diese im Säuglingsdünndarm bereits bei der Muttermilchernährung physiologisch sind. Meiden Sie alle nicht physiologischen Darmkeime! Bei Allergikern muß man möglicherweise stets die reinen Joghurtbecher ohne Zusätze von Obst wählen, da im Fruchtjoghurt Benzoesäure vorhanden sein kann bzw. das Obst selbst allergisierend wirkt. Bestimmte Nahrungsmittel enthalten vermehrt Histamin und sind aus diesem Grunde schubauslösend: Käse, insbesondere Schweizer, Gouda, Chedar, Pökelfleisch, Wein, Tomaten, Dosennahrung mit Fleisch, Sardinen. Auch andere Stoffe können Histaminbildung auslösen: Farbstoff Tartazin z. B. in Gummibärchen, Tyramin in Käse (Camembert, Parmesan), Wein, Hefe, Schokolade, Zitrusfrüchten, in Farbstoffen z. B. im Speiseeis. Unspezifisch wirken Erdbeeren, Hummer und Muscheln. Salizylate in Früchten können Auslöser sein. Disulfit findet sich häufig in Wein, Bier, Trockenfrüchten, Meerrettich u. a. Das selbst für Säuglinge in der Fertignahrung enthaltene Glutamat findet sich in fast allen Käsesorten. Natrium-Glutamat ist mit der Menge von 0,5 g bereits Auslöser des sog. China-Restaurant-Syndroms, das herzinfarktähnliche Symptome hervorrufen kann.

Die beste ärztliche Ernährungs-Empfehlung nicht nur für Atopiker! - ist, auf Fertiggerichte, Konserven und vorfabrizierte Nahrungsmittel wegen deren versteckten Zusätzen weitestgehend zu verzichten und eine möglichst vollwertige Ernährung aus täglich frisch zubereiteten Produkten zu sich zu nehmen. 

Bilder zum atopischen Ekzem, Neurodermitis

 

 Literatur:

Deutscher Neurodermitis Bund e.V. (DNB)

Hornung, B.: Praktisch-allergologische Aspekte bei Neurodermitis atopica.  Der Deutsche Dermatologe (7/1993) 708-711 Krohne, G. et al.: Neurodermitis: vielfältige Ursachen, individuelle Therapie.  PZ 136 (4/1991) 9-15

Schultze, E.-G.: Neurodermitis des Kindes - auch ein Ernährungsproblem. hautnah (1 987) 48-52

Schultze, E.-G.: Neurodermitistherapie heute. hautnah (1 990) 52-66

Schultze, E.-G.: Neurodermitis und Allergie. hautnah (1990) 78-84

 

Quellverzeichnis beim Verfasser.