In Anlehnung  einer wissenschaftlichen Veröffentlichung aus dem Deutschen Ärzteblatt - Jg. 111 - Heft 21 – 23. Mai 2014

Unter einer Anaphylaxie versteht man eine akute systemische Reaktion mit den Symptomen einer allergischen Sofortreaktion, die den gesamten Organismus erfassen kann und potenziell lebensbedrohlich ist (1-3). Die Anaphylaxie kann tödlich verlaufen oder zu bleibenden Schäden führen (3). Vor allem durch Nahrungsmittel und Insektengift ausgelöste Anaphylaxien sind pathologisch überwiegend IgE-vermittelte Typ-I-Allergien.

Ergebnisse: Im Register wurden 4.141 Patienten erfasst, bei der ADAC-Luftrettung 1.123 Fälle. Im Register wurden als Auslöser für die Anaphylaxie vorwiegend Insektengifte (n=2074; 50,1%), Nahrungsmittel (n=1039; 25,1%) und Medikamente (n=627; 15,1%) genannt. Innerhalb dieser Gruppe waren Wespen- (n=1460) und Bienenstiche (n=412), Hülsenfrüchte (n=241) und tierische Proteine (n=225) sowie Schmerzmittel (n=277) die häufigsten Ursachen. Erdnuss, Kuhmilch und Hühnerei waren bei Kindern am häufigsten Auslöser einer Nahrungsmittelanaphylaxie, während bei Erwachsenen Weizen und Schalentiere überwogen.

Schlussfolgerung:Wespen- und Bienengift, Hülsenfrüchte, tierisches Eiweiß sowie Schmerzmittel waren die häufigsten Auslöser einer Anaphylaxie. Ihre Häufigkeit war altersabhängig.

Die USA geben eine Inzidenz von bis zu 40-50 Personen pro 100.000 Einwohner an pro Jahr (4).

Bei Berliner Notärzten ergab sich eine Inzidenz der Anaphylaxie von 2-3 Personen auf 100.000 Einwohner (5).

Untersuchungen aus den USA und Australien legen nahe, dass die Zahl der Patienten mit Anaphylaxie in den letzten Jahren zugenommen hat (4,6). Dies betrifft vor allem schwere allergische Reaktionen, die durch Nahrungsmittel oder Medikamente ausgelöst wurden (4).

Nahrungsmittel wurden überwiegend als Auslöser schwerer allergischer Reaktionen im Kindesalter (0-17Jahre) genannt. Bei Erwachsenen (>18 Jahren) wurden die Insektengifte überwiegend als Auslöser schwerer allergischer Reaktion gemeldet. Bezüglich des detaillierten Auslöserprofils zeigten weiterführende Analysen, dass Nahrungsmittelallergene wie Hühnerei und Kuhmilch sowie Baum- und Erdnüsse (8) überwiegend bei Kindern berichtet wurden. Bei Erwachsenen waren überwiegend Weizen, Sellerie, Soja sowie Krusten- und Schalentiere die Auslöser. Auch Medikamente waren Auslöser schwerer allergischer Reaktionen, insbesondere die nichtsterodialen Antiphlogistika (Tabelle 3b). Zum Beispiel Dicolfenac, Acetysalicylsäure und Ibuprofen (Tabelle 3c). Eine weitere große Medikamentengruppe waren die Antibiotika – die Beta-Lactam-Antibiotika mit Penicillinen und Cephalosporinen. Bei den Insektengiften wurden als Auslöser vor allem Wespengifte angegeben, seltener Bienengifte.

In der Literatur sind bei Kleinkindern Milcheiweiß und Hühnerei als häufige Auslöser einer Anaphylaxie beschrieben (8), während im Schulalter Erdnüsse und Baumnüsse (Haselnüsse, Walnüsse, Cashewnüsse, Paranüsse, Macadamia) als Auslöser einer Nahrungsmittelallergie nicht nur in Europa, sondern, sondern auch in den USA (9) häufig vorkommen.

Auch wenn Nahrungsmittel oder Medikamente Auslöser einer Anaphylaxie waren, sollten gemäß der Leitlinien zum Management der Anaphylaxie immer eine weitere allergologische Diagnostik – einschließlich Haut-(bevorzugt Pricktest), Blut-(sIgE-) und gegebenenfalls Provokationstestung – erfolgen, um eine entsprechende Beratung zu ermöglichen (7). Da bis zu einem Drittel der Patienten mit schweren allergischen Reaktionen wiederholt reagieren können (10), ist neben der Ausstellung eines Allergiepasses, in dem Zeitpunkt, Auslöser und Symptome der stattgehabten Reaktion dokumentiert werden, die Verordnung eines Notfallsets, bestehend aus Adrenalinautoinjektor, Antihistaminikum und Kortikosteroid, sowie eine ausreichende Aufklärung über deren Anwendung im Notfall erforderlich (7).

Für die Insektengifte (Biene und Wespe) stehen geeignete Hauttestlösungen und spezifische IgE-Testverfahren zur Verfügung, während bei Medikamenten (Haut- und IgE-Test) und auch Nahrungsmitteln (vor allem Hauttest) die Diagnostik nur eingeschränkt möglich ist. Die weitere Diagnostik nach einer Anaphylaxie sollte immer durch entsprechend ausgewiesene ärztliche Kollegen, vorzugsweise Allergologen, wie in dieser Praxis möglich, erfolgen.

Gegen bestimmte Allergene kann man immunisiert (Hyposensibilisierung) werden.

 

Literatur:

 

1. Johannson SG, Bieber T, Dahl R, et al.: Revised nomenclature for allergy for global use: Report of the Nomenclature Review Committee of the World Allergy Organization, October 2003. J Allergy Clin Immunol 2004; 113:832-6.

2. Ring J, Grosber M, Mohrenschlager M, Brockow K: Anaphylaxis: acute treatment and management. Chem Immunol Allergy 2010;95:201-10.

3. Simons FE, Ardusso LR, Bilo MB, et al.: World Allergy Organization anaphylaxis guidelines: summary. J Allergy Clin Immunol 2011;127:587-93.e1-22.

4. Decker WW, Campell RL, Minivannan V, et al.: The etiology and incidence of anaphylaxis in Rochester Minnesota: a report from the Rocherster Epidemiology Project. J Allergy Clin Immunol 2008; 122:1161-5

5. Beyer K, Eckermann O, Hompes S, Grabenhenrich L, Worm M: Anaphylaxis in an emergency setting – elictors, therapy and incidence of severe allergic reactions. Allergy 2012;67:1451-6.

6. Poulos LM, Waters AM, Correl PK, Loblay RH, Marks GB: Trends in hospitalizations for anaphylaxis, angioedema, and urticaria in Australia, 1993-1994 to 2004-2005. J Allergy Clin Immunol 2007; 120:878-84.

7. Ring J, Bayer K, Biedermann T, et al.: Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Allergologie und klinische Immunologie (DGAKI), des Ärzteverbands Deutscher Allergologen (AeDA), der Gesellschaft für pädiatrische Allergologie und Umweltmedizin (GPA), der Deutschen Akademie für Allergologie und Umweltmedizin (DAAU), des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte Deutschlands (BVKJ), der Österreichischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (ÖGAI), der Schweizerischen Gesellschaft für Allergologie und Immunologie (SGAI), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI), der Deutschen Gesellschaft für Pharmakologie (DGP), der Deutschen Gesellschaft für Psychomatische Medizin (DGPM), der Arbeitsgemeinschaft Anaphylaxie Training und Edukation (AGATE) und der Patietenorganisation Deutscher Allergie- und Asthmabund (DAAB). Allergo J2014;23: [in press]

8. Dölle S, Hompes S, Grünhagen J, Worm M: Nahrungsmittelassozierte Anaphylaxie, Hautarzt 2012; 63:294-8

9. Sicherer SH, Munoz-Furlong A, Godbold JH, Sampson HA: US prevalence of self-reported peanut, tree nut, and sesame allergy: 11-Year follow-up. J Allergy Clin Immunol 2010;3:3-14

10. Vetander M, Ly DH, Hakansson N, et al.: Recurrent reactions to food among children at paediatric emergency departments: epidemiology of allergic disease. Clin Exp Allergy 2014;44:113-20